Genetische Beratung

Stammbaumanalyse

Bei einer genetischen Beratung nutzt man die Stammbaumanalyse, um bspw. im Rahmen einer genetischen Beratung das Risiko bzw. das Auftreten der Krankheit eines ungeborenen Kindes eines Paares abschätzen zu können. Das Ziel einer Stammbaumanalyse ist die Zuordnung der Genotypen bei den gegebenen Phänotypen. Doch wie geht man bei so einer Stammbaumanalyse vor und was ist zu beachten?

Vorgehen bei einer Stammbaumanalyse:

1. Beim Analysieren sollte man auf Dominanz und Rezessivität eingehen, also ist die erste Frage, die man sich stellen sollte: Dominanter oder rezessiver Erbgang?

Dominanz: Typisch hierbei ist das gehäufte Auftreten des Merkmals zumeist in jeder Generation.

Rezessivität: Das Merkmal tritt selten auf. Es kann aber auch erkennbar sein, wenn z.B. eine Generation übersprungen wird und erst wieder in der übernächsten Generation erscheint. Ein weiteres Indiz kann auch sein, dass zwei nicht von der Krankheit betroffene Eltern ein von der Krankheit betroffenes Kind bekommen.

2. Auch bei der Analyse muss beachtet werden, auf welchem Chromosom das Gen liegt. Die Frage, die man sich hier stellen sollte, lautet: Handelt es sich um einen autosomalen oder gonosomalen Erbgang?

Autosomaler Erbgang: Das Merkmal tritt statistisch gesehen bei Männern und Frauen gleich häufig auf, d.h. es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen dem Auftreten des Merkmals und dem Geschlecht.

Gonosomaler Erbgang = Das Y-Chromosom ist das kleinste Chromosom und genarm (geringste Gendichte). Fast alle ,,relevanten" Gene für biologische oder chemische Prozesse sind auf dem X-Chromosom. Der gonosomale Erbgang wird deshalb als X-chromosomaler Erbgang bezeichnet.

X-Chromosomaler Erbgang: Das Merkmal tritt gehäuft oder ausschließlich im männlichen Geschlecht auf.

Legende:

Kreis: Weibliche Person     Kästchen: Männliche Person

nicht ausgefüllte Kästchen = nicht von Krankheit betroffen

ausgefüllte Kreise oder Kästchen = von Krankheit betroffen

Beispiele für autosomal dominante Krankheiten: Chorea Huntington (,,Veitstanz") und Marfan-Syndrom

Beispiele für autosomal rezessive Krankheiten: Phenylketonurie und Mucoviszidose

Beispiele für X-chromosomal rezessive Krankheiten: Rot-Grün-Sehschwäche, Muskeldystrophie Typ Duchenne und Hämophilie (Bluterkrankheit)

Der Zweck einer genetischen Beratung ist, dass man die Personen mit Kinderwunsch oder noch ungeborenem Kind über die genetischen Risiken informiert und  den Betroffenen somit bei ihrer Entscheidung geholfen wird. Die Entscheidung über den Abbruch oder das Fortsetzen der Schwangerschaft treffen die Betroffenen aber letztendlich alleine. Die Beratung ist freiwillig und sollte bei folgenden Merkmalen in Anspruch genommen wird:

1. einer der Betroffenen hat eine Erbkrankheit bzw. in der Familie von einem ist die Erbkrankheit schon aufgetreten

2. die Eltern sind schon in einem hohen Alter (je höher das Alter, desto riskanter ist die Geburt eines gesunden Kindes z.B. haben geborene Kinder häufig das Down-Syndrom --> biologische Uhr der Frau tickt)

3. externe oder interne Faktoren vor oder während der Schwangerschaft beeinflussen den Gesundheitszustand des ungeborenen Kindes im Mutterleib

Neben der Stammbaumanalyse existiert die PND (Pränatale Diagnostik) oder PID (Präimplantationsdiagnostik). Letzteres ist in vielen Ländern aufgrund ethnischer Aspekte verboten. Dies war auch lange in Deutschland der Fall bis 2014 die „Verordnung zur Regelung der Präimplantationsdiagnostik – PIDV“ in Kraft getreten ist, in der die genaue Umsetzung des Verfahrens festgelegt ist. Die PID darf nämlich laut dieser Verordnung nur in speziell zugelassenen Zentren durchgeführt werden. Ihre Adressen kann man über die Ärztekammern der jeweiligen Bundesländer aufsuchen. Außerdem ist die Ärztin/der Arzt verpflichtet vorher aufzuklären, zu beraten und eine schriftliche Zustimmung der Frau zu erhalten. Die PID ist in Deutschland nur erlaubt, wenn ein hohes Risiko für das Auftreten einer schweren Erbkrankheit besteht. Welche Erbkrankheiten als schwerwiegend eingestuft werden, legt nicht das Gesetz, sondern die Ethikkommissionen fest, die sich mit jedem Einzelfall genau auseinandersetzt und über die Durchführung einer PID entscheidet.

PND

Zur PND gehören verschiedene Untersuchungen, die ebenfalls das genetische Risiko für das Auftreten der Erbkrankheit aufzeigen können. Man unterscheidet zwischen nicht invasiven (z.B. Ultraschalluntersuchung, Nackentransparenz-Test, Blutentnahme bei der Mutter) und invasiven Methoden, mit denen man Aussagen über Stoffwechsel- oder Chromosomenstörungen des ungeborenen Kindes treffen kann. 

Die drei wichtigsten und bekanntesten Methoden sind: 

1. Amniozentese (= Fruchtwasseruntersuchung):

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Quelle: https://prezi.com/v0cjpfoefaml/pranataldiagnostik/

Eine dünne Nadel wird durch die Bauchdecke und die Gebärmutterwand der Schwangeren in die Fruchtblase geführt und es wird etwas Fruchtwasser entnommen. Der Eingriff wird durch Ultraschall überwacht. Im Fruchtwasser befinden sich ebenfalls die Zellen des ungeborenen Kindes. Diese werden dann als Zellkultur angelegt und untersucht, bei der man dann auch Aussagen über Alpha-Fetoproteine oder Stoffwechselerkrankungen treffen kann. Das Fruchtwasser kann in Hinblick auf die Anzahl und Struktur der Chromosomen, Chromosomenabweichungen etc. untersucht werden. Eine Fruchtwasser-Untersuchung ist ab der 14. Schwangerschaftswoche möglich. Die Fehlgeburtenrate liegt bei ca. 1 %.

2. Chorionzottenbiopsie: 

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Quelle: https://image.windeln.de/windeln/skin/frontend/lindgren/default/content_images/26_Chorionzottenbiopsie_gross.jpg

Eine feine, dünne Nadel wird durch die Bauchdecke und die Gebärmutterwand der Schwangeren hindurch geführt und Zellgewebe aus der Plazenta (Gebärmutter) entnommen. In seltenen Fällen kann der Eingriff auch durch die Scheide und den Gebärmutterhals erfolgen. Bei beiden Verfahren überwacht auch hier die Ärztin durch den Ultraschall, dass die Zellentnahme problemlos abläuft. Aus der Probe werden im Labor die Chorionzotten (kindlichen Zellen) isoliert und auf ihre Anzahl und Struktur der Chromosomen untersucht. Eine Chorionzotten-Biopsie kann zwischen der 9. und 12. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden. Die Fehlgeburtenrate liegt bei ca. 2 %.

3. Chordozentese (= Nabelschnurpunktion): 

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Quelle: https://prezi.com/v0cjpfoefaml/pranataldiagnostik/

Bei der Nabelschnurpunktion wird eine dünne, feine Nadel durch die Bauchdecke der Schwangeren geführt bis in die Fruchthöhle, wo dann in der Nabelschnur-Vene etwas kindliches Blut entnommen werden kann. Die Ärztin überwacht auch hier den Eingriff mit Ultraschall. Im Labor wird das Blut des Kindes auf Blutarmut (Anämie), Rhesus-Blutgruppen-Unverträglichkeit oder Infektionen untersucht. Aus der Blutprobe gewonnene kindliche Zellen werden als Zellkultur angelegt und ebenfalls untersucht. Auch eine Chromosomen-Untersuchung oder Gen-Analysen sind möglich. Die Nabelschnur-Punktion kann ab der 19. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden. Die Fehlgeburtenrate liegt bei ca. 1 %.

PID

Die PID ist durch eine sogenannte In-vitro-Fertilisation (= Befruchtung findet künstlich im Labor statt) möglich. Bei der In-vitro-Fertilisation werden nach einer Hormonbehandlung aus den Eierstöcken der Frau reife Eizellen entnommen und im Labor mit den Spermien des Partners befruchtet. Wenn  die Befruchtung gelingt, dann entwickeln sich Embryonen. Es werden daraufhin eine oder mehrere Zellen entnommen, um diese auf Genschäden zu untersuchen. Wenige Tage später werden dann ein oder zwei Embryonen, die keine erkennbaren Genschäden haben, in die Gebärmutter eingebracht. Die von der Erbkrankheit oder einer Chromosomenstörung betroffenen Embryonen sterben. 

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Quelle: https://kinderwunsch-zentrum-kassel.de/behandlung.html

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